By Imbke Behnken, Manuela du Bois-Reymond, Jürgen Zinnecker

Fragestellung und Ausblick auf erste Ergebnisse Wir wollen das Quartier als sozialen Raum an der Hand unserer Erz?hler ken nenlernen, sie sollen uns mit ihren Erz?hlungen in diesen uns fremden Raum einfuhren. Aus dem, was once sie und wie sie es uns berichten, wollen wir die Ele mente fur die Rekonstruktion des, Sozialen' gewinnen. Als Ort des Sozialen be trachten wir den offentlichen Raum in der Stadt, das AuBerh?usige. Es interes sieren uns hier die Innenr?ume der H?user nur insoweit, als deren Tiiren auf und zu gehen und die Bewohner ein und aus lassen. Tiir, Fenster und Schwelle als Vermittlerinnen zwischen Drinnen und DrauBen. Dasselbe gilt fur die Ar beitsst?tten der Bewohner. Es geht uns aber nicht um das Soziale schlechthin, sondern darum, wie Kinder daran teilnahmen. Aufgrund ihrer Stellung in der Familie und in den Generationsketten sind Kinder keine von Erwachsenen un abh?ngigen Teilhaber am sozialen Leben im Quartier. Wir wollen wissen, wie sie untereinander und in der Verbindung mit erwachsenen Quartiersbewohnern das soziale Leben miterfuhren und mitbestimmten. Verdichtung, Vermischung, Segregation Unter welchen Gesichtspunkten betrachten wir den miindlich iiberlieferten sozialen Kindheitsraum in Wiesbaden und Leiden? Eine Grundtendenz zivilisa torischer Entwicklung, der wir auf die Spur kommen mochten, ist die Entmi schung von Personen, Handlungen, Orten und Zeiten als Bestandteil und Aus drucksform eines langzeitigen Prozesses der voranschreitenden Ausdifferenzie rung gesellschaftlicher Handlungsfelder und Handlungsketten. Im Zuge dieser Entwicklung werden die genannten Elemente entflochten und - im Hinblick auf spezialisierte Zwecke - neu zusammengesetzt.

Show description

Read Online or Download Stadtgeschichte als Kindheitsgeschichte: Lebensräume von Großstadtkindern in Deutschland und Holland um 1900 PDF

Similar german_13 books

Extra info for Stadtgeschichte als Kindheitsgeschichte: Lebensräume von Großstadtkindern in Deutschland und Holland um 1900

Example text

Die Haare getont und onduliert. Spăter verrăt sie uns, daB sie heimlich noch tanzt und ausgeht. Sie will das Leben bis zum Tod genieBen. Wir sprechen sie im Biirgerzentrum an, wo sie aushilft. Mit Vergniigen erinnert Frau Herbst sich an ihre Kinderjahre in der Kaiserzeit und an verbotene, aber erfolgreiche Hamstertouren in den Nachkriegsjahren. Das Familienleben schildert sie in harmonischen Farben, obgleich der Vater, Tagelohner, oftmals arbeitslos war. Fiinf Kinder waren zu emăhren. Sie selbst muBte sich spăter mit Hausieren und Putzen iiber Wasser halten.

Die Mutter war- wie der Vater- der modemen Zeit gegeniiber aufgeschlossen, sie kutschierte beispielsweise alleine durch die Stadt. Frau Fuhrmann besuchte die Mittelschule, erhielt Klavierunterricht, ging in einen Turnverein und besuchte mit dem Vater als Zehnjăhrige bereits eine so neuartige und iibelbeleumundete Einrichtung wie das Lichtspielhaus. Der Weltkrieg und der Tod des Vaters bringen Armut, Mutter und Tochter sind nunmehr Mieter im ehedem eigenen Haus. Anfung der 20er Jahre heiratet Frau Fuhrmann einen Musiker aus dem stădtischen Sinfonieorchester, fur sie beginnen "die goldenen 20er Jahre".

Anfung der 20er Jahre heiratet Frau Fuhrmann einen Musiker aus dem stădtischen Sinfonieorchester, fur sie beginnen "die goldenen 20er Jahre". Heute lebt Frau Fuhrmann alleine, eine Ubersiedlung in ein Altersheim steht bevor. Hans Grimm (1875) ist uns aus seiner Autobiografie "Leben in Erwartung" (Lippoldsberg 1952) als Wiesbadener Kind bekannt. Der Vater lieB sich 1868 als Privatier in Wiesbaden nieder. Die Familie bewohnte am siidlichen Stadtrand ein Biirgerhaus mit Garten. Der Vater widmete sich kulturhistorischen und politischen Arbeiten.

Download PDF sample

Rated 4.91 of 5 – based on 15 votes