By Thomas Haipeter

Die Tarifabweichung markiert einen tiefen Einschnitt in die institutionellen Strukturen des deutschen Tarifsystems. Die Unterschreitung von Tarifnormen in betrieblichen Bündnissen mit Billigung der Tarifvertragsparteien ist inzwischen gängige Praxis in vielen Branchen. Der Autor untersucht Verbreitung und Praxis der Tarifabweichung in der Metall- und Elektroindustrie seit dem „Pforzheimer“ Tarifvertrag von 2004. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass die Auswirkungen der Tarifabweichung auf die Prägekraft der Flächentarifverträge entscheidend von der inhaltlichen und prozeduralen Kontrolle der Tarifparteien – und unter diesen vor allem der Gewerkschaft – abhängen. Kontrollerfolge in beiden Kontrolldimensionen sind unverkennbar. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Beteiligung der Beschäftigten durch eine betriebsnahe Tarifpolitik.

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Ostdeutsche Jugendliche: Vom DDR-Bürger zum Bundesbürger

Nach den Forschungsbefunden des ZAROF seit 1990 haben Berufswahl und Erwerbstatigkeit fur ostdeutsche Jugendliche bei der Konzeptionierung ihres zukunftigen Lebens eine zentrale Bedeutung. Uberwiegend, jedoch unsiche rer, binden sie auch personlich-familiale Lebensvorstellungen darin ein, und nicht selten orientieren sie sich zudem an beruflichen Lebenserfahrungen und Wegen der Eltern.

Die Anpassung des technisch-organisatorischen Bereichs von Kreditinstituten: Ein Beitrag zu einer allgemeinen Theorie des Bankbetriebes

Von den beiden groBen Bereichen bankbetrieblicher Leistungs erstellung, dem finanziellen oder Wertleistungsbereich und dem technisch-organisatorischen oder Stuckleistungsbereich, zieht der letztere mehr und mehr das Interesse von Wissenschaft und Praxis auf sich. Das hat verschiedene Grunde. Einmal hat sich seit der Auf hebung der Zinsbindung und infolge der fortschreitenden Anglei chung des Leistungsangebots der groBen Bankengruppen der Kon ditionenwettbewerb und damit der Druck auf die Zinsspanne ver starkt.

Verkäufer-Training: Ein Beitrag zur Verkaufspädagogik

Ob ein Kunde kauft oder nicht kauft, used to be er kauft, wieviel er kauft und auch wo er kauft, das hangt wesentlich mit ab von der (guten oder schlechten) Bedienung. Der Verkaufer ist additionally eine Hauptstiitze jedes Einzelhandelsgeschiiftes. Er ist aber gleichzeitig auch eine wich tige Figur in der Absatz-und Verkaufsorganisation der Konsumgiiter herstellenden Unternehmen, namentlich solcher, die ihre Erzeugnisse in eigenen Filialen zum Verkauf bringen.

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3 Das Tarifvertragssystem und der Wandel des deutschen Produktionsmodells Das traditionelle deutsche Tarifsystem, das sich in den 1950er und 1960er Jahren entwickelt hatte und sich bis in die 1990er Jahre hinein durch eine hohe institutionelle Stabilität auszeichnete, kann im Anschluss an die allgemeine Charakterisierung des deutschen Systems der industriellen Beziehungen durch MüllerJentsch (1995) mit folgenden fünf Eigenschaften beschrieben werden: Dualität: Tarifverträge bilden zusammen mit der Mitbestimmung der Betriebsräte im Rahmen der Betriebsverfassung ein duales System der industriellen Beziehungen, das eine „funktionale Differenzierung der Ausarbeitung und Verarbeitung von Interessenkonflikten“ in zwei voneinander getrennten Arenen der Aushandlung ermöglicht.

Und in welchem Zusammenhang steht die Tarifabweichung zu der Entwicklung der Verbände und ihres kol- 36 5. 6. 2 Theoretische Vorüberlegungen lektiven Handelns? Ist sie ein Ausdruck für mögliche Probleme des Verbandshandelns, oder ist sie möglicherweise sogar ein Lösungsinstrument für solche Probleme? In diesem Zusammenhang ist das Augenmerk auf die Machtasymmetrien zwischen den Verbänden zu lenken. Ist die betriebsbezogene Unterschreitung von Tarifnormen in der Tarifabweichung eine Folge eines wachsenden Machtgefälles zu Ungunsten der Gewerkschaft?

Lockwood hat in seinen jüngeren Arbeiten das Verständnis der Sozialintegration zu präzisieren versucht (Lockwood 1985; 1992). Dabei kritisiert er den kollektiven Utilitarismus in der Marxschen Klassentheorie und distanziert sich von seiner anfänglichen Übernahme der Parsonsschen normativen Integration. Nicht mehr die homogene Normenstruktur, sondern die dynamische Statusordnung ist es demnach, die die Interessen und Ziele von Klassen und anderen Akteuren legitimiert. Soziale Dynamik kann aus Statuskonflikten, Widersprüchen zwischen unterschiedlichen Statusordnungen oder aus Widersprüchen zwischen Statusordnungen und Klassenstrukturen entstehen.

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